Bei der chirurgischen Behandlung der Hernie wird heutzutage die Bruchstelle mit einem Kunststoffnetz sicher verschlossen. Foto: Shutterstock
Ein Leistenbruch oder eine andere Form der Hernie kann schmerzhaft und belastend sein. Meist ist ein chirurgischer Eingriff der einzige Weg, um das Problem dauerhaft zu beheben. Dank moderner chirurgischer Methoden kann die Bruchstelle zuverlässig verschlossen werden, sodass Schmerzen und Einschränkungen der Vergangenheit angehören. Die Operation bietet Aussicht auf eine schnelle Erholung und ein beschwerdefreies Leben.
Hernien entstehen, wenn Gewebe oder Organe durch eine Schwachstelle in der Bauchwand oder im Bindegewebe nach außen treten. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Manche Menschen haben von Geburt an ein schwächeres Bindegewebe, das eine Hernienbildung begünstigt. Mit zunehmendem Alter kann das Gewebe an Elastizität verlieren. Ein weiterer Grund ist erhöhter Druck im Bauchraum durch schweres Heben, chronischen Husten, chronische Verstopfung oder Übergewicht – und auch eine Schwangerschaft kann die Bauchmuskulatur schwächen. Auch Narben nach Bauch-OPs können zu Narbenhernien führen sowie Verletzungen oder Überdehnung der Muskulatur. Eine Rolle spielt auch der Lebensstil: Rauchen schwächt das Bindegewebe, Bewegungsmangel führt zu schwächeren Bauchmuskeln, Vitamin-C- oder Eiweißmangel kann das Gewebe schwächen. Hernien treten am häufigsten in der Leiste (Leistenbruch), am Bauchnabel (Nabelbruch) oder an Operationsnarben (Narbenbruch) auf. Wenn sie nicht behandelt werden, können sie größer werden und zu Komplikationen führen.
Symptome oft unklar
Die Symptome bei Hernien sind nicht immer klar, weshalb häufig Monate vergehen, bis der Patient beim Facharzt für Chirurgie vorstellig wird. Sie reichen von sicht- und tastbaren Vorwölbungen über Völle- und Druckgefühl, Ziehen in der Leiste, Schmerzen in der Hüfte bis hin zu Stuhlgang- und Blasenentleerungsstörungen. Bei einer Leistenhernie entsteht im Bereich der Leiste eine Lücke in der Bauchwand. Durch diese Lücke – „Bruchpforte“ genannt – können sich Teile der Eingeweide nach außen schieben. Bei eingeklemmter Hernie kann es zu akutem Darmverschluss oder Durchblutungsstörungen kommen: Das ist dann ein chirurgischer Notfall, der innerhalb weniger Stunden operiert werden muss. Dies birgt für den Patienten hohe Risiken und sollte die absolute Ausnahme sein. Deshalb sollte man bei Schmerzen oder einer nicht zurückschiebbaren Vorwölbung unbedingt einen Arzt aufsuchen. „Eine Hernie sollte, auch wenn sie nur geringfügig symptomatisch ist, möglichst operiert werden, um mit minimalem Risiko eine rasche Genesung zu erreichen“, sagt Dr. Robert Ferrara, Facharzt für Allgemeinchirurgie an der CityClinic in Bozen mit Spezialgebiet Leisten- und Nabelhernien. „Nur kleine, völlig symptomlose Hernien können für eine bestimmte Zeit auch konservativ behandelt, das heißt unter Kontrolle gehalten werden“, ergänzt Dr. Claudio Pinzetta, ebenfalls Facharzt für Allgemeinchirurgie an der CityClinic. Grundsätzlich raten die beiden Fachärzte, Hernien zu operieren, wenn keine schwerwiegenden Kontraindikationen gegen einen Eingriff sprechen. Bei einer OP ist heutzutage der Einsatz von Kunststoffnetzen Standard. Sie werden eingesetzt, um die geschwächte Bauchwand zu stabilisieren. In der Zeit vor Verwendung dieser Netze sei das Risiko eines erneuten Auftretens des Bruchs sehr hoch gewesen, erklärt Dr. Pinzetta. „Heute bietet die korrekt positionierte und fixierte Netzprothese eine Sicherheit von über 90 Prozent.“ Sie verändert sich nicht mit der Zeit und der Patient spürt sie auch nicht. Das Netz wird über die Bruchstelle gelegt und vernäht oder mit Spezialkleber fixiert. Mit der Zeit wächst es in das körpereigene Gewebe ein und verstärkt die Bauchwand dauerhaft. Die Netze bestehen aus gut verträglichen Materialien und werden individuell angepasst, um optimale Ergebnisse und langfristige Beschwerdefreiheit zu gewährleisten. „Der Patient muss sich nach der Operation wohl fühlen und darf nicht merken, dass er eine Netzprothese in seinem Körper trägt“, sagt Dr. Ferrara. Er soll schnell in seinen Alltag zurückkehren können. „Wir fordern unsere Patienten auf, vom ersten postoperativen Tag an mindestens 500 Meter pro Tag zu gehen. Die postoperativen Schmerzen sind minimal, und ermöglichen es vor allem denjenigen, die keine körperlich belastende Tätigkeiten ausüben, ihre Arbeit wenige Tage nach der OP wieder aufzunehmen.“
Dr. Roberto Ferrara
Dr. Roberto Ferrara (Jahrgang 1966) studierte in Verona Medizin und Chirurgie. Nach dem Abschluss mit Auszeichnung 1991 spezialisierte er sich bis 1997 in Allgemeinchirurgie und studierte u. a. bei Prof. Rosa, dem Pionier der italienischen kolorektalen Chirurgie. In denselben Jahren entwickelt sich in Italien die prothetische Hernienchirurgie: Von 1998 bis 2021 war er ärztlicher Leiter der Allgemeinchirurgie am Krankenhaus Bozen. Er befasste sich mit allen Aspekten der Abdominalchirurgie, erlebte die Entwicklung der prothetischen Bauchwandchirurgie hautnah mit. Er kam in Kontakt mit Vertretern der weltweiten Bauchwandchirurgie, von denen er die wichtigsten Techniken der prothetischen rekonstruktiven Chirurgie direkt erlernte. Seit Jahren ist er Mitglied der italienischen Sektion für Bauchwandchirurgie. Er führte mehr als 2000 einfache und komplexe Eingriffe durch. Dr. Ferrara beteiligt sich auf italienischer Ebene aktiv an der Erforschung und Entwicklung von biologischen Prothesen für die Rekonstruktion des komplexen Abdomens, wobei er einige der ersten italienischen Implantate aus heterologen Materialien tierischen Ursprungs einsetzte. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten und nahm an vielen nationalen und internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen als Referent teil. Derzeit arbeitet Dr. Ferrara in seiner Privatpraxis in Bozen. Für die chirurgische Tätigkeit arbeitet er mit der CityClinic Bozen zusammen.